„Natürlich“ nachgefragt…
Warum klappern Weißstörche
mit dem Schnabel?
Text und Fotos: Anke Timmerberg
Es ist März, die Weißstörche sind aus ihren
Überwinterungsgebieten zurückgekehrt und
haben ihre angestammten Horste wieder besetzt.
Geht man spazieren, dort wo Störche ihre
Brutplätze haben, hört man wiederholt ihr lautes
Klappern. Deshalb nennen wir sie ja auch
Klapperstörche. Aber warum tun sie es und
können sie vielleicht auch andere Laute von sich
geben, die wir nur nicht so wahrnehmen? – Nein
,es ist tatsächlich so, neben einem Zischlaut,
manchmal klingt es fast wie ein Fauchen, bringt
der Weißstorch nur ein Klappern zustande.
Dieses Schnabelklappern ist dafür umso
bedeutsamer für die Störche. Es dient der
Begrüßung und festigt die Paarbindung, es soll
Konkurrenten vom eigenen Horst vertreiben und
es ist wichtig für das Paarungsritual.
Häufig „zischen“ die Störche erst, nehmen den
Kopf ein wenig nach unten, um ihn dann ruckartig
nach hinten zu werfen und dabei lautstark zu
klappern.
War die Klapperei als Warnung für einen
Konkurrenten gedacht, sind damit oft längst nicht
alle Fragen geklärt. Störche sind absolut nesttreu,
nicht aber partnertreu, wie viele glauben.
Beansprucht also eine Rivale den Horst eines
anderen Rückkehrers und fühlt sich von dessen
Klappern nicht recht beeindruckt, dann kommt es
meist zu erbitterten Kämpfen, die durchaus blutig
enden können. Aber keine Angst, selbst stark
blutende Wunden heilen bei Vögeln meist schnell
und problemlos ab, wenn es nicht zu einer
Infektion kommt. Und selbst dies ist bei Vögeln
höchst selten, da sie sozusagen ein hauteigenes
Antibiotikum immer dabei haben.
Sind die Streitigkeiten geklärt, besetzt der Sieger
den Horst und erhebt damit gleichzeitig Anspruch
auf die Hausherrin, denn wie gesagt,
Weißstörche sind nesttreu …
Das Paar begrüßt sich auch klappernd, wenn
einer der Partner allein unterwegs war, zum
Beispiel zur Nahrungssuche oder um Baumaterial
heranzuschaffen. So ein Storchenhorst ist
nämlich niemals wirklich fertig, da wird
ausgebessert und aufgestockt. Und während die
einen mit der Innenausstattung beschäftigt sind,
transportieren andere das Material für den
Rohbau…
Kommt der Baumeister zurück an den Horst,
werden seine logistischen Leistungen vom
Partner mit einem Klappern gewürdigt. Er selbst
wiederum dankt ebenfalls klappernd, natürlich
nachdem er das Baumaterial sorgsam abgelegt
hat.
Sind beide in Paarungslaune, was meist
mehrfach am Tag der Fall ist, dann wird mit
einem Klappern die Kopulation eingeleitet.
Das Männchen schreitet und stochert im Horst
herum, krault das Weibchen mit dem langen
Schnabel und schüttelt sich schließlich. Dies ist
das Zeichen für Madam Storch aufzustehen und
den Kopf zu senken, um seine Bereitschaft
anzuzeigen. Es folgt ein wahrer Balanceakt. Er
steigt auf, hält sich mit den Krallen an ihrem
Flügelbug, schnäbelt die Dame erregt an Hals
und Kopf und schlägt gewaltig mit den Flügeln.
Einerseits, um nicht von ihrem Rücken zu
rutschen, andererseits aus purer Erregung.
Warum sollte es bei Storchens auch anders
zugehen als anderswo??
Sie nimmt den Kopf nach hinten und erwidert das
Schnäbeln, öffnet die Flügel, um ihm Halt zu
bieten und gibt die Kloake durch Heben des
Schwanzgefieders frei.
Ist der Akt vollzogen, dann… Nein, es wird nicht
wieder geklappert, es folgen zeremonielle
Putzbewegungen. Dies kann man übrigens auch
bei vielen anderen Vogelarten beobachten.
Sind erst die Eier gelegt, meist 3-5 von der
doppelten Größe eines Hühnereis (eigentlich
recht klein für so einen großen Vogel), ist es mit
dem Kopulieren vorbei, sollte man meinen. Bei
Familie Storch ist das anders, auch über die
Eiablage hinaus wird noch „gevögelt“.
Offensichtlich stärkt dieses Verhalten die
Paarbindung. Denn während der Brut- und
Aufzuchtzeit leben Störche monogam.
Aber zurück zum Klappern. Warum singen
Weißstörche nicht, so wie ihre schwarzen Brüder,
die in dieser Hinsicht ein wenig begabter sind?
Es ist ein anatomisches Handicap, das ihnen nur
diese eine Möglichkeit der Lautbildung lässt.
Vögel erzeugen Laute über den Syrinx, den
unteren Stimmkopf. An der Gabelung der
Luftröhre wird er aus Knorpelringen gebildet.
Zwischen den sogenannten Syrinxringen
befinden sich Membranen, die beim Ausatmen
der Vögel in Schwingung gebracht werden. Die
Spannung dieser Membranen wird über Muskeln
verändert, so können die Vögel Töne modulieren.
Und hier liegt „der Hase im Pfeffer“, Weißstörche
besitzen diese Muskel nicht bzw. sie sind anders
geartet, so bleibt ihnen nur das Klappern.
Sie scheinen aber nichts zu vermissen und es tut
der Kommunikation keinen Abbruch. Nimmt man
sich Zeit und beobachtet diese wunderschönen
Vögel, dann gibt es keine Zweifel, die
Verständigung funktioniert.
Also dann, nichts wie raus in den Frühling und
dem Klappern der Störche gelauscht! Und
natürlich auch dem Gesang derer, die die Sache
in Perfektion beherrschen.
Viel Freude und Genuss beim Platzkonzert zum
Nulltarif und bis zum nächsten
„Natürlich“ nachgefragt…!